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ReScripta — Rango - One bullet Chapter 10
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Published: 2015-02-06 12:39:40 +0000 UTC; Views: 723; Favourites: 0; Downloads: 0
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Description 10. I'm looking for a doctor

Rango ritt so schnell er konnte.
Zum Glück war der Staudamm nicht weit. Er war sich zwar nicht ganz sicher, aber wenn er richtig lag, dann würde sein abendlicher Ritt nicht umsonst gewesen sein.
Schon von weitem hörte er das Rauschen des Flusses. Der Staudamm war immer noch undicht und das Wasser strömte ungehindert durch die Einrissstelle. Doch der Staudamm war nicht sein Ziel.
Leise ritt Rango am Staudamm vorbei zu den unfertigen Ferienbungalows, deren Baugerippe etwas unheimlich vom Mond beleuchtet wurden.
Auf dem Baugelände war es ruhig. Alle Arbeiter hatten die Baustelle verlassen.
Um kein Risiko einzugehen, stieg Rango ein paar Meter weiter weg, im Schutz der Bäume, vom Roadrunner runter. Dort ließ er den Rennkuckuck stehen und schlich leise zur Baustelle der Bungalows rüber.
Bei jedem Schritt sah er sich sorgsam um. Doch niemand schien ihn zu beobachten. Niemand schien sein Kommen bemerkt zu haben.
Angestrengt stierte Rango in die vom schwachen Mondlicht beschienene Dunkelheit. Er meinte sich zu erinnern, hier in der Nähe eine Erste-Hilfe-Station gesehen zu haben. Suchend ging er an den Baugerüsten der Ferienhäuser entlang. Er hielt inne.
Im Abendlicht erkannte er neben einem der Ferienhäuser ein kleines, improvisiertes Holzhaus, mit einem Roten Kreuz über der Tür.
Rango fiel ein Stein vom Herzen. Er hatte von einem der Arbeiter gehört, dass der Arzt in diesem improvisierten Krankenlager übernachtete.
Leise trat er an die Tür und drückte die Türklinke runter. Zu seiner Verwunderung war sie nicht verschlossen. Sachte schob er die Tür auf und betrat eine Art Vorraum. Es war dunkel, aber der Mond spendete genug Licht, das durch ein kleines Fenster in den Raum drang.
Auf leisen Sohlen überquerte er den Raum bis er vor einer weiteren Tür stand. Das musste das Arzt-Zimmer sein. Und wo ein Arzt-Zimmer ist, dort muss auch ein Arzt sein.
Er hielt den Kopf an die Tür und lauschte. Nichts war zu hören.
Nachdem Rango noch mal tief durchgeatmet hatte, öffnete er die Tür.
Er betrat einen stockdunklen Raum. Rango lauschte. Alles war ruhig. Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er ein paar Regale mit Verbandszeug. Daneben ein paar Schränke und einen Glasschrank mit mehreren Glasflaschen.
In der Mitte des Raumes stand eine Liege für die Patienten und hinter einem Vorhang ein Bett. Mit leisen Schritten ging Rango drauf zu.
„Hallo?", flüsterte er. „Äh, Doktor? Schlafen Sie?"
Auf einmal ging das Licht an. Rango fuhr zusammen und drehte sich erschrocken um.
Sein Herz blieb für einen Moment stehen; als er Mister Wheeler in der Tür stehen sah.
Der Geschäftsmann stand in lässiger Haltung gegen den Türrahmen gelehnt und blickte arrogant auf das Chamäleon herab.
„Hab ich es mir doch gedacht", begann er im herablassenden Ton. „Was treiben Sie hier noch zu so später Stunde?"
„Äh… ich hab nur etwas vergessen", stotterte Rango.
Mister Wheeler ging auf ihn zu.
„So, so. Und dürfte ich erfahren was?"
„Äh… ich… ." Verzweifelt suchte Rango nach einer passenden Ausrede. Doch er kam nicht mehr dazu. Mister Wheeler packte ihn unerwartet an den Handgelenken und drehte seine Handflächen nach oben. Rango erschrak. Auf seinen Händen waren noch ganz schwach leichte Blutflecken zu erkennen.
Wieso hatte er sie nicht abgewaschen?
„Ich habe mich geschnitten", sagte er hastig.
Mister Wheeler warf ihm einen eiskalten Blick zu, dass es Rango Angst wurde.
„Mir geht es deswegen auch nicht gut", sagte Rango weiter. „Deshalb dachte ich, ich könnte mir hier einen ärztlichen Rat holen."
Rango fiel nach hinten, als Mister Wheeler ihn unsanft auf den Boden warf.
„Mister Rango", begann er. Seine Stimme hatte einen harten Unterton. „Ich habe Sie bis jetzt für sehr zuverlässig gehalten. Warum bereiten Sie mir solche Umstände und vertuschen, dass sich noch ein Mörder in den Wäldern aufhält?"
Erschrocken sah Rango zu ihm hoch.
„Wie haben Sie es herausgefunden?", fragte er leise.
„Meinen Leuten entgeht nichts, wenn sie auf Spurensuche sind. Und es kommt sehr selten vor, dass man Blutspuren an einem Flussufer findet."
Rango schluckte. Er war nicht der Einzige gewesen, der Jakes Blutspur entdeckt hatte.
„Mister Rango", fuhr Mister Wheeler fort. „Mir sind zwar Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Sie und Jake eine Art Respekt gezeigt haben, kurz bevor er die Stadt verlassen hatte. Aber ich hätte nie gedacht, dass Ihnen der Respekt eines Mörders mehr bedeutet, als Ihre Pflichten als Sheriff."
Empört sprang Rango auf.
„Das stimmt gar nicht! Ich bin mir meinen Pflichten vollkommen im Klaren. Aber Sie können nicht von mir verlangen einen Verwundeten zu töten. Auch nicht wenn es ein Verbrecher ist."
Mister Wheeler sagte nichts, sondern stand mit verschränkten Armen vor Rango und sah ihn an, als ob er einen Geisteskranken vor sich hätte.
„Wenn das Ihre Einstellung ist…" Er schnippte mit den Fingern. Rango hörte Schritte. Kurz darauf betraten zwei von Mister Wheelers Leuten den Raum.
„Führen Sie Mister Rango bitte nach draußen", befahl Mister Wheeler bedächtig. „Ich denke, er will das Gebiet doch früher verlassen. Und bitten Sie ihn vorher noch darum, Ihnen zu zeigen, wo sich Jake aufhält."
Rango zuckte zusammen. Das konnte er unmöglich von ihm verlangen.
Wortlos gingen die beiden Frettchen auf Rango zu und packten ihn an den Schultern.
„Hey! Doch nicht so brutal!", beschwerte sich Rango. Doch die Frettchen ließen nicht los und zerrten ihn nach draußen.
Rango wehrte sich nicht. Gegen zwei dieser Tiere hatte er allein keine Chance.
Kaum waren sie draußen, blieben sie stehen.
„Wo ist dein Reittier?", fragte eines der Frettchen mürrisch.
Rango zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Hat sich bestimmt aus dem Staub gemacht. Er hat was gegen schlechte Manieren."
Er zuckte zusammen, als die beiden ihre Griffe um seine Arme verstärkten, dass es ihm fast die Blutzufuhr unterbrach.
„Nicht so frech!", knurrte der Erste. Dann wandte er sich an seinen Kollegen.
„Hol die Runner!"
Sofort drehte sich sein Kumpan um, um die Rennkuckucks zu holen, während Rango mit dem anderen an der Stelle stehen blieb. Schnell versuchte Rango sich los zu reißen, aber das Frettchen hielt ihn eisern am Arm fest.
Rango seufzte. Wenn sie ihn dazu zwingen, sie zu Jake zu führen, dann würde er es ihnen natürlich nicht sagen. Rango wagte nicht aus zu denken, was sie mit ihm anstellen würden, damit er redete.
Er hörte Schritte neben sich und sah, wie Mister Wheeler neben ihm stehen blieb.
Rango warf ihm einen trotzigen Blick zu. „Ich sage euch gar nichts!"
Mister Wheeler erwiderte nichts, sondern gab dem Frettchen ein Zeichen.
Rango keuchte auf, als das Frettchen ihn am Genick packte und auf den Boden drückte. Wie ein Schraubstock hielt er das Chamäleon am Hals fest und drohte ihm die Luft abzudrehen.
Mister Wheeler schnippte mit den Fingern und das Frettchen lockerte etwas seinen Griff. Rango rang nach Luft.
Mister Wheeler beugte sich zu ihm runter. „Nun, ich denke, dass Sie jetzt gesprächiger werden, oder?"
Rango zitterte, als das Frettchen wieder seinen Griff verengte. Er nickte hastig und das Frettchen ließ seinen Hals los, hielt ihn aber weiter am Arm fest.
Für einen Moment war Rango wütend auf sich selbst. Ein richtiger Held hätte bis zum letzten Atemzug nicht nachgelassen. Aber er war schon immer panischer Natur gewesen und mit dem Tod hatte er sich bis jetzt noch nie anfreunden können. Außerdem hatte Jake ihn zuvor schon genug Angst eingejagt, sodass seine Nerven jetzt schon mehr als erschöpft waren.
Er stutzte. Jake. Sein Blick wanderte zum Frettchen, der mit seiner anderen Hand immer noch unruhig auf dem Griff seines Revolvers lag.
Rango zögerte nicht lange.
„Achtung! Schlange!", schrie er.
Sofort drehte sich das Frettchen um und zielte mit seinem Revolver in die Dunkelheit. Auch Mister Wheeler war beim Schrei zusammengefahren und sah sich nach allen Seiten um.
Rango nutzte seine Chance und rannte so schnell er konnte.
„Hey! Stehen bleiben!", schrie das Frettchen hinter ihm her.
Rango beschleunigte seinen Lauf. Auf keinen Fall würde er stehen bleiben.
Er bremste ab, als urplötzlich das andere Frettchen vor ihm auftauchte. Rango bog ab und rannte zu den Ferienhäusern rüber. Die beiden Frettchen ihm dicht auf den Fersen.
Instinktiv schwang sich Rango auf das Baugerüst und kletterte dran hoch. Die beiden Frettchen hinterher. Oben angekommen balancierte Rango auf dem unfertigen Dach weiter.
Er hörte, wie seine Verfolger ebenfalls aufs Dach stiegen und hinter ihm her kletterten. Rango verlor fast das Gleichgewicht, als sich einer der Holzbalken, auf dem er ging, gefährlich zu schwanken begann. Offensichtlich war dieser Holzbalken nur leicht angebracht und noch nicht fertig montiert. Vorsichtig setzte er einen Schritt nach dem anderen. Auf einmal ertönte hinter ihm ein ächzendes Knarren. Seine Verfolger waren jetzt ebenfalls auf den schwankenden Dach-Balken gestiegen. Rango beschleunigte seine Schritte. Sogleich balancierten auch seine Verfolger schneller vorwärts.
Dann ein Knacken. Rango spürte einen Ruck. Instinktiv griff er nach vorne und konnte sich gerade noch an einem höheren Balken festhalten, bevor der andere Balken in sich zusammenkrachte.
Er hörte Schreie. Dann war alles wieder still.
Mühsam schwang sich Rango auf dem Balken nach oben auf das nächste Gerüst. Keuchend sah er nach unten. Die beiden Frettchen lagen eine Etage tiefer unter dem eingekrachten Holzbalken und rieben sich stöhnend die Köpfe.
Rango atmete erleichtert auf und schmunzelte. „Und da sagt man immer, die meisten Unfälle passieren Zuhause."
Hastig kletterte er vom Baugerüst runter und ließ sich auf die Erde fallen. Kaum spürte er wieder festen Boden unter den Füßen, rannte er Richtung Wald.
Doch dann blieb er wie angewurzelt stehen. Selbst wenn er entkommt, würde das Jake wenig nützen. Er brauchte einen Arzt. Aber hier gab es keinen Arzt. Aber was sollte er dann tun?
Rango überlegte nicht lange und rannte zurück zur Krankenstation. Dort angekommen stürmte er sofort zum Medizinschrank. Hastig besah er sich die Glasflaschen, die in der Glasvitrine standen. Alles Namen mit denen er nichts anfangen konnte.
Verzweifelt fasste er sich an den Kopf. Panisch drehte er sich im Kreis. Er wusste einfach nicht, was er mitnehmen sollte. Medikamente? Aber woher sollte er wissen, was er davon mitnehmen sollte?
Mit zittrigen Fingern wollte Rango den Glaskasten öffnen, doch er war verschlossen.
Rango stieg erneut die Panik hoch, als er von draußen fluchende Schreie hörte. Gleich würden sie ihn finden.
Rango schnaubte wütend und ließ vom Glaskasten ab. Dabei fiel sein Blick in eine Ecke, wo er einen schwarzen Koffer erblickte. Er machte ein paar Schritte nach vorne und besah sich die Tasche genauer. Das musste die Arzttasche sein.
Er hörte Schritte. Ohne zu zögern schnappte Rango sich die Tasche und raste zum Ausgang.
Keine Sekunde zu früh. Denn in diesem Moment hatten die Frettchen das Haus erreicht und rannten Rango erneut hinterher.
Rango pfiff zwei Mal. Sofort kam sein Roadrunner angerannt. Beherzt sprang Rango auf und galoppierte davon. Fluchend hielten die Frettchen an und zogen ihre Revolver. Doch in der Dunkelheit konnten sie unmöglich ein festes Ziel ausfindig machen. Trotzdem schossen sie wahllos hinterher.
„Lasst ihn!", befahl Mister Wheeler. „Trommelt alle Leute zusammen und sperrt das Gebiet weiträumig ab. Keiner darf das Gebiet verlassen!"
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