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#bullet #chapter #fault #jake #one #rango #rattlesnake #8
Published: 2015-02-04 10:56:49 +0000 UTC; Views: 633; Favourites: 0; Downloads: 0
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Description
8. My faultRango saß am steinigen Flussufer und starrte ins dunkle Wasser.
An diesem Abend hatte er keine Lust mehr zurück nach Dreck zu reiten. Die Ereignisse des heutigen Tages lasteten auf ihn, wie eine Zementlast. Das Lagerfeuer, das hinter ihm brannte, spendete ihm nur wenig Wärme. Es kam ihm vor, als ob sich eine klirrende Kälte in seiner Seele ausbreiten würde. Er fasste sich an den Schultern und sank mit den Ellbogen auf die Knie.
Schweigend hing er seinen Erinnerungen nach.
Vor zwei Monaten hatte neben ihm auch ein Lagerfeuer gebrannt. Damit hatte Jake ihn gewärmt. Obwohl die Klapperschlange ihn leicht hätte umbringen können, so hatte er ihn trotz allem verschont. Auch als er halb im Sterben lag, hatte der Killer ihn nicht aufgegeben.
Rango hatte immer noch das Bild vor sich, wie Jake ihn umschlang und sorgenvoll hochhob, wie ein Vater seinen Sohn. Dieser eine Moment hatte sich tief in seinem Inneren eingebrannt. Rango war schutzlos gewesen und ausgerechnet Jake, der die Gefahr selber war, hatte ihm seinen Schutz angeboten.
Der eine Moment, wo sie sich in die Augen sahen und das Gefühl hatten, wie zwei Blutsverwandte in der Welt zu stehen. Dieser eine Augenblick, der ihnen das Gefühl der Freundschaft gab, trotz ihres großen Berufsunterschiedes.
Er war Sheriff, er ein Gesetzesbrecher.
Aber die Tatsache, dass sie Legenden waren, schlug wie eine Brücke zwischen ihnen. Brücke?
Wieder hörte er die knarrenden, ächzenden Geräusche des einreißenden Staudamms. Wie Jake sich krümmte, in die Tiefe stürzte, in die tosenden Fluten des reißenden Flusses.
Rango spürte, wie sich sein Magen wieder verkrampfte.
Er fühlte immer noch die Waffe in seiner Hand. Seine Waffe, die jetzt eine Kugel weniger hatte. Diese Kugel, die nun im Körper eines Wesens steckte und bald jederzeit dessen Leben auslöschen könnte.
„Es war meine Schuld", murmelte er leise. „Alles meine Schuld."
Wieder stiegen Rango die Tränen in die Augen.
Der hasserfüllte Blick von Jake hatte ihm mehr wehgetan, als damals seine Schusswunde.
Er hatte so sehr gehofft, dass sie wie Brüder sein könnten und jetzt, jetzt soll alles vergebens gewesen sein?
Mit einem Ruck stand er auf und stampfte wütend aufs Wasser. Er war wütend. Wütend auf sich selbst. Warum? Warum? Warum musste ihm das passieren? Alles nur wegen einer dämlichen Kugel.
Er hielt inne. Bildete er es sich ein oder hörte er Stimmen? Er ließ seinen Blick am Flussufer schweifen. Dann erkannte er in der Ferne Lichter. Lichter von Fackeln.
Er kniff die Augen zusammen, konnte aber nicht genau erkennen, wer es war.
Die Gestalten saßen auf Roadrunnern und schienen mit ihren Fackeln das Gelände abzusuchen. Auf einmal blieben sie stehen.
„Hey!? Ist da jemand?", hörte er jemanden.
Rango wagte nicht sich zu rühren. Wer waren diese Leute und was wollten sie hier?
Als die Reiter keine Antwort erhielten, ritten sie auf ihn zu.
Als sie nur noch wenige Meter von ihm entfernt waren, erkannte Rango, wer die unbekannten Reiter waren. Vor ihm stand Mister Wheeler, begleitet von drei seiner Leute.
„Mister Rango?", begann Mister Wheeler überrascht und trat mit seinem Roadrunner ins Lagerfeuerlicht. „Ich dachte, Sie wären schon längst wieder zurück in der Stadt."
Rango schluckte. „Äh… na ja. Ich dachte, ich bleib noch bis Morgen hier. Ich meine, es wäre doch etwas leichtsinnig, mitten in der Nacht zu reiten."
Mister Wheeler nickte. „Da haben Sie Recht. Es wäre wirklich zu gefährlich. Nebenbei bemerkt, ist Ihnen unterwegs irgendetwas aufgefallen?"
Rango warf ihm einen fragenden Blick zu. „Äh, aufgefallen? Was?"
„Nun ja", fuhr Mister Wheeler fort und lehnte sich auf seinem Roadrunner nach vorne. „Ich dachte vielleicht, dass Sie möglicherweise Jakes Leiche gefunden hätten."
Rango zuckte innerlich zusammen. Er war also nicht der Einzige, der neugierig war, was aus Jake geworden ist. Wenn er ihnen jetzt sagen würde, dass Jake nicht tot war, würden sie bestimmt nicht zögern ihm den Todesstoß zu verpassen. So verletzt wie Jake war, wird es ein Leichtes für jemanden sein, einen gefürchteten Killer ins Jenseits zu befördern. Und Rango konnte sich sehr gut vorstellen, dass Mister Wheeler einer von der Sorte war, der dazu keine Hemmungen hatte, wenn er schon in der Lage war, eine Siedlerfamilie für sein Bauprojekt zu vertreiben.
„Ob ich seine Leiche gefunden hätte?", wiederholte Rango in einem uninteressierten Ton. „Also eigentlich kann ich mir das nicht vorstellen. Ich meine, die Strömung des Flusses ist sehr stark. Da könnte ich mir vorstellen, dass die Leiche sehr, sehr weit getrieben worden ist. Also ich habe jedenfalls keine Leiche gesehen."
Das war nicht mal gelogen. Aber Mister Wheeler schien sich damit nicht zufrieden zu geben.
„Mag sein", murmelte er. „Trotzdem wäre es mir lieber, mich selber zu vergewissern, dass er auch wirklich tot ist."
„Haben Sie Zweifel daran?", fragte Rango belanglos.
„Bei Klapperschlangen Jake weiß man nie."
Rango zuckte die Achseln. „Also, wie gesagt. Ich habe nichts gesehen."
Mister Wheeler musterte ihn prüfend. Glaubte er ihm nicht?
„Nun, sollte Ihnen irgendetwas auffallen, dann möchte ich Sie bitten, mich zu informieren."
Er ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen.
„Vielleicht suchen wir noch diese Gegend ab…"
„Das sollten Sie besser nicht tun!", unterbrach ihn Rango, biss sich aber sofort auf die Unterlippe.
„Warum nicht?"
„Nun, weil… ." Fieberhaft suchte Rango nach einer Ausrede. Sie durften Jake nicht finden. In seinem Zustand konnte er sich unmöglich großartig wehren. Nein, sie durften ihm nichts antun. Immerhin war es seine Schuld, dass Jake jetzt in dieser Lage war. Um jeden Preis wollte er verhindern, dass Jake es ihm noch zu verdanken hatte, auf feige Weise von einem Geschäftsmann erschossen zu werden.
„Nun, weil ich mich schon selber in dieser Gegend umgesehen habe und wie gesagt, mir ist nichts aufgefallen. Sie wollen doch bestimmt nicht Ihre Zeit vergeuden und nach etwas suchen, was nicht da ist."
Er lächelte gequält, was Mister Wheeler in der Dunkelheit zum Glück nicht sah.
„Na gut", meinte er schließlich. „Trotzdem werde ich das Waldgebiet vorsichtshalber absperren lassen. Man weiß ja nie, ob er sich vielleicht nicht doch hier herumtreibt."
„Oh, das glaube ich eher weniger. Ich meine, ein Toter kann sich ja nicht von der Stelle bewegen."
„Allerdings", meinte Mister Wheeler in einem sonderbaren Ton, der Rango gar nicht gefiel. „Das kann er bestimmt nicht."
Er gab seinen Leuten ein Zeichen sich zurückzuziehen. Sogleich lenkten sie ihre Roadrunner um und ritten den Fluss zurück Richtung Staudamm.
„Gute Nacht, Mister Rango."
Mit diesen Worten lenkte Mister Wheeler ebenfalls seinen Roadrunner um und ritt seinen Leuten nach.
Erleichtert atmete Rango auf, als die Gruppe sich langsam entfernte.
Doch kaum waren die Reiter in der Dunkelheit verschwunden, wurde er plötzlich von hinten gepackt. Rango hatte keine Zeit mehr zu schreien, denn jemand hielt ihm den Mund zu.
„Was fällt dir ein?", zischte Jake ihm zu. „Denkst du, ich kann mich nicht mehr selber verteidigen?"
Mühsam schaffte es Rango seinen Mund wieder frei zu kriegen.
„Hättest du denn eine Chance gegen die gehabt?"
Rango spürte, wie Jake seinen Körper um ihn schlang und zu drückte.
„Wenn du nicht aufgekreuzt wärst, dann säße ich jetzt nicht hier."
„Für was? Um einen Mord zu begehen?"
„Das ist nun mal mein Geschäft. Davon lebe ich!"
„Ich denke, da gibt es bestimmt viel lohnendere Arbeiten."
Jake verstärkte seinen Griff um Rango. „Für wen hältst du dich eigentlich?"
Rango keuchte auf, als Jake seinen Griff nicht lockerte. Vergeblich versuchte er sich raus zu winden. Jake spürte, wie das Chamäleon kämpfte. Ärgerlich rollte er seinen Körper auf und schleuderte Rango von sich.
Keuchend rappelte sich Rango auf und warf Jake einen verärgerten Blick zu.
Drohend sah Jake zu ihm runter. Wieder starrten sie sich in die Augen und führten ein regelrechtes Augengefecht aus. Doch dann zuckte Jake zusammen und krümmte sich auf die Seite. Sofort vergaß Rango seinen Ärger.
„Alles in Ordnung?"
„Halt die Klappe!", zischte Jake und bemühte sich seinen Oberkörper wieder aufrecht zu kriegen. Rango hörte ihn mehrere Male heftig ein und ausatmen. So langsam schien der plötzliche Schmerz wieder nachzulassen und Jake versuchte ihm erneut in die Augen zu starren. Aber diesmal wollte ihm sein drohender Blick nicht so richtig gelingen. In seinen Augen zuckte es mehrere Male und Rango vermutete, dass das von den Schmerzen kam, die Jake so gut es ging zu unterdrücken versuchte.
Rango seufzte. „Jake, wollen wir das nicht bitte sein lassen? Du bist verletzt. Es wäre doch albern, wenn wir uns jetzt noch weiter streiten."
Jake stieß vor. Erschrocken wich Rango zurück. Diese warnende Reaktion hatte er jetzt nicht erwartet. Jake war wieder in seine S-Position zurückgekehrt und zischte drohend.
Rango sah ihn fassungslos an. Wenn Giftschlangen sowas taten, dann war es nur noch eine Frage der Zeit bis sie zu ihrem endgültigen tödlichen Biss an setzten. Jake hatte ihm auf brutale, klare Art und Weise zu verstehen gegeben, dass er ihn absolut nicht mehr in seiner Nähe haben wollte.
Langsam und in geduckter Haltung, zog sich Rango zurück. Dann drehte er sich um und hastete am steinigen Ufer entlang. Seine Schritte wurden schneller. Schließlich rannte er und flüchtete sich hinter einem Felsen. Dort ließ er sich auf den steinigen Boden fallen und kauerte sich verstört zusammen.
Er wagte es nicht auszudenken, aber er wusste, der Frieden zwischen ihnen war vorbei.
Endgültig!